Das ist heut ein Ratschkattl-EXTRA. Ich will euch einen umfangreichen Erfahrungsbericht liefern. Weil die Gschicht ist nämlich die – die Kühe kommen mir näher. Ist das meine Wahl? Nein! Ich bin für Abstand. Ich bin für wertschätzende Begegnungen aus der Entfernung. So 25 Meter wären mir recht, da fühl ich mich wohl. Okay, ja ich weiß, das ist bei Wanderungen im Almgebiet genauso unrealistisch, wie der gut gemeinte Rat „Kühen weitläufig auszuweichen“. Also gut, mit 15m bin ich auch zufrieden. Wenn‘s die nur wären! Doch das Universum meint, ich bin schon in den Fortgeschrittenen-Level der Kuhbegegnungen aufgestiegen. Und tatsächlich merke ich, ich bin ruhiger beim „normalen“ (abstandwahrenden) Queren von Weiden, wenn die Kühe „normal“ (mich ignorierend) zum Wanderweg grasen oder ruhen.
Doch im neuen Level sieht die Ausgangssituation so aus:
Die Kühe halten sich in unmittelbarer Nähe des Weidezugangs auf und warten, … auf genau mich.
Drei Szenen haben wir bei den letzten Wanderungen gemeinsam durchgespielt.
Szene 1
Ich behielt meine Gehgeschwindigkeit bei, steuerte unbefangen (nach außen) direkt auf den Weidedurchgang zu, in der Annahme, der junge Stier, der mich schon seit einiger Zeit fixierte (so wie ich ihn), würde sich durch mein Näherkommen vom Gatter wegbewegen. Ja, so im Nachhinein versteh ich auch nicht mehr, warum ich das geglaubt hab. Auf alle Fälle, er stand still und starrte mich an. Ich, auf der anderen Seite des Zaunes starrte zurück. Die Auflösung in diesem Fall war eine andere Kuh (meine interimistische Teamkollegin quasi). Diese wollte zum Bach und der neugierige Geselle stand auch ihr im Weg. Sie ließ sich auf kein Augenkontakt-Dings ein, mit Körpereinsatz drängte sie ihn Richtung offene Weidefläche. Er stolperte ein paar Schritte zur Seite und trottete weiter. Ich sah die Lücke nutzte sie und marschierte mit großen Schritten den Wiesenhang hinunter. Er drehte sich nicht ein Mal nach mir um (ich auch nur 2, maximal 3 Mal). Kurz vor dem Weideausgang wollte nochmals ein Jungtier meine Nähe, doch ich war gerade so in Schwung (Hangneigung) und sagte „na na bleib“ und zu meinem (und seinem) Erstaunen hielt es tatsächlich kurz inne und ich war vorbei.
Szene 2
DREI junge Stiere standen fünf Meter nach dem Weideüberstieg zusammengedrängt im Schatten. Sie betrachteten mich bei meiner Annäherung scheinbar uninteressiert (ausgefuchste Ganovenbande). Ich hatte den Überstieg erklommen, wollte gerade heruntersteigen, da setzte sich das Trio in Bewegung, direkt auf mich zu und zwar im Kuhgalopp (= Jungstier-Galopp). Ich entschied mich für Rückzug und begab mich schleunigst (wir reden nicht von elegant) wieder auf die andere Seite der Weideabgrenzung. Es folgte erneut das Anstarr-Spiel über den Zaun hinweg. „Na ihr, ihr seid ja ganz schön flott“ versuchte ich mich im lässigen smalltalk. Sie gingen nicht darauf ein, sie schauten nur. Ich bewegte mich den Zaun entlang, dachte, vielleicht find ich eine Stelle, wo ich durchschlüpfen könnt. Die drei trotteten nebenher. Ich ging rascher, sie liefen rascher, ich versteckte mich hinter einem Busch, sie blieben stehen. Als ich wieder hervorschaute, blickte ich in 3 große braune Augenpaare. Ich versuchte unbemerkt zurück zum Übergang zu gelangen (nein ich bin nicht am Boden gerobbt, ich hab nur versucht, mich ein bisschen kleiner zu machen und hab mich, mit runden Buckel und Deckung suchend fortbewegt). Doch auch dieser Plan blieb nicht unentdeckt und die Bande machte kehrt und lief ebenfalls zurück zum Überstieg. Das Glockengebimmel eine höhnische Begleitmusik. Als nächstes wählte ich die „Einlull-Taktik“. Ich setzte mich auf die oberste Stufe des Überstiegs und schaute bewusst über ihre Köpfe hinweg (nur ab und an schielte ich auf sie um ihre Intention zu lesen). Ich hoffte, so ein bewegungsloser Mensch würde sie langweilen und sie würden sich zurückziehen. Nun, bevor sie sich langweilten, begann ich mich immer unwohler zu fühlen, denn sie kamen näher und näher und schupsten sich gegenseitig, im Bestreben der Vorderste zu sein. Sie schienen mir immer frecher und wagemutiger zu werden. Das gefiel mir gar nicht und ich beschloss, wir brauchen eine Auszeit. Ich ging zurück zu dem Lärchenhain, welchen ich ca. 50 Meter vor der Weide passiert und anscheinend nicht ausreichend gewürdigt hatte. Ich legte mich ins Gras und machte 30 Minuten ein Nickerchen. Die Ruhe unter den Bäumen tat ihre Wirkung. Ich nahm erneut Kurs auf den Weidezaun. Die drei standen wieder, wie zu Beginn im Schatten neben dem Zugang. Doch diesmal ignorierte ich sie völlig, stieg über den Zaun und schritt zügig voran. Mein over-the-shoulder-Blick zeichnete mir das idyllische Bild dreier entspannter Jungstiere im Schatten einer Lärche. Sie schenkten mir keinerlei Aufmerksamkeit. (ich glaub ja, irgendwer oder -was hatte die Tiere ausgetauscht)
Szene 3
Eine Kuh lag direkt VOR dem Weideübergang. Ich war also auf IHRER Seite. Ich musste, um zur ersten Stufe des Überstiegs zu gelangen, fast auf ihr Hinterteil steigen. Doch im Unterschied zu den drei aufgekratzten Jungspunden, lag sie stoisch da. Sie schaute mich zwar direkt an, doch außer ihr Kiefer bewegte sich nichts. Ich ging auf sie zu, an ihr vorbei, stieg über ihren breiten Hintern und über den Weidezaun. Auf der anderen Seite dankte ich ihrer Ruhe und freute mich über meine coolness.
Doch sogleich ermahnte ich mich, nicht übermütig zu werden. Wer weiß, was dem Universum noch einfällt. Und ich sag’s noch einmal: zumindest 15 Meter bitte – danke!
*Die Ratschkattl in meiner Definition, ist eine begeisterte Erzählerin von belanglosen Alltagsbegebenheiten. Manchmal, so wie z.B. heute, ist sie sehr mitteilsam.
Na Petra, das sind ja Fortschritte!!! gratuliere
Na da soll mal einer sagen, du bis nicht mutig – wow super gemacht
wow! ich bin auch für 15 Meter! (am Wochenende war es ein halber, hüstel)
Ich hätte cool den Rückzug gewagt. Den Mutigen gehört die…..Kuhweide ;o)