Eine Erinnerung
Meine ersten NaNoWriMo-Minuten laufen. Es herrscht eine Schreib-Stille. Es ist eine Menschenstimmen-Stille. Geräusche des Schreibens hüpfen durch den Raum. Das Klacken von Tastaturen in unterschiedlichen Tonlagen und Rhythmen. Das Schieben der Handkanten über Schreibpapier, das Kratzen von Füllfedern und Bleistiften. Dazu mischt sich leises Kaffeetasse-Aufsetzen und Dessertgabel-Schaben. Wir sind im Cafe Vox Libri, es ist der 1. November 2019, und 9 Minuten nach dem 6.5.4.3.2.1… looos!, also 0.09 Uhr. Wir schreiben in den National-Novel-Writing-Month (NaNoWriMo) hinein. Bei diesem Kick-Off-Event sind etwa 25 Personen im Lokal. Anel, der Besitzer hat uns im Vorfeld mit Melange, Double Hot-Chocolate-Dream, Ingwerlimonade, Toast und Karottenkuchen versorgt. Seit dem Countdown sitzt er auf einem Barhocker hinter der Theke. Das Notebook vor ihm. Ob er den Lagerbestand prüft oder ein Gedicht schreibt, ist nicht erkennbar. Er reiht sich ein ins kollektive Schreibfeld.
Ich hebe den Kopf und beobachte Menschen draußen am Gehsteig, die durch die schaufenstergroßen Scheiben ins Lokal starren. Sie setzen ihre Schritte gemächlich die Fensterlänge entlang und ich lese in ihren Gesichtern, wie sie versuchen das Rätsel dieser schreibenden Menschen um 0.42 Uhr zu lösen.
Es herrscht eine Atmosphäre des gemeinschaftlichen Schreibens. Es ist ein Energiefeld, das Kraft und Fokus spendet. Vernetzt im gemeinsamen Tun. Es gibt einen Raum und einen Rahmen.
Nach circa 1 Stunde kommt es zu Flüstergesprächen. Die erste Welle an konzentrierter konzertierter Schreibtätigkeit schwappt sich aus. Es werden im Laufe der Nacht noch einige Wellen folgen, Pause-Wellen, in denen der Lärmpegel anschwillt, Bestell-Wellen um den Energielevel zu boosten und wieder Schreibwellen in Stille. Um 4.50 Uhr schließe ich meinen Laptop, zahle meine Konsumation, danke Anel für diesen speziellen Abend und spaziere nachhause. In der Stille des anbrechenden Tages.