Diesmal fehlte mir was!
Ich bin immer gerne ins Wahllokal gegangen. Sprengelnummer, Zimmernummer, Ausweis, Namensruf nach rechts, Wählerverzeichnis-Ruf nach links, Nummernruf retour, Wahlkuvert, Spanblatten-Koje, Kugelschreiber an der Paketschnur, konzentriertes Kreuzerl-Machen, Kuvert in den Schlitz der Wahlurne, Ausweis entgegennehmen, nach einem Blick in die Runde der Wahlkommission versuchen zu erraten, wer von welcher Partei abgestellt wurde, danke, fertig. Ja ich mag dieses verstaubte Prozedere.
Diesmal fehlte mir das!
Ich habe mich erstmals für das Wählen per Wahlkarte entschieden, obwohl ich wusste, ich bin am Wahltag in Wien. Doch die sich laufend verändernden Covid-19-Maßnahmen und das Wissen, dass ich diesmal nicht in „meinem“ Wahllokal, dem Pflegekrankenhaus wählen werde, haben mich veranlasst, im Vorfeld per Briefwahl zu wählen.
Ich verstehe die Vorsichtsmaßnahme, das Wahllokal aus dem Pflegeheim abzuziehen, und doch spürt es sich wie ein „Verlassen“ an. Für einige der Bewohner*innen war der Wahlsonntag etwas ganz besonderes. Sie saßen im Festtagsgewand in den Gängen, beobachteten das bunte Treiben. Einige präsentierten sich als Gastgeber*innen. Erwartungsvoll schauten sie die Hereinkommenden an, bereit einen Gruß auszusprechen. Wechselte man ein paar Worte mit ihnen, strahlten sie übers ganze Gesicht. Es schien, sie freuten sich über die Abwechslung. Dieses Jahr kommt niemand. Sie werden ein weiteres Stück isoliert vom Leben da draußen. Ich wünsche ihnen, dass sie nicht auch auf Familienbesuch verzichten müssen.
Diesmal ist mir weh ums Herz! Vor allem ihretwegen.